Bundesweit stieg die Zahl der aktiven Schiedsrichter seit 1979 zunächst stetig an und erreichte mit 79 341 Unparteiischen im Jahr 2006 ihren maximalen Wert. Seitdem zeigt die Entwicklung jedoch deutlich nach unten. Im Jahr 2012 waren es gerade noch 73 291 Schiedsrichter, auf die die Ansetzer bei der Besetzung von Spielen der verschiedenen Klassen zurückgreifen konnten. Ein Minus von mehr als neun Prozent innerhalb von sechs Jahren.

In Hessen verzeichnete der HFV zum 1. Januar 2013 genau 6 455 Referees. Immerhin 1334 Schiedsrichter waren unter 18 Jahren alt. In 365 Neulingslehrgängen wurden landesweit 2012 stolze 831 Schiedsrichter ausgebildet – und dennoch war für das vergangene Jahr unter dem Strich ein Rückgang von 455 Schiris zu verzeichnen.

Dill-Schiris verlieren in einem Jahr 38 Unparteiische

Trotz aller Versuche, frisch ausgebildeten Unparteiischen durch erfahrene Paten den Einstieg in ihr nicht immer leichtes Hobby zu erleichtern, sehen sich auch die Verantwortlichen der Schiedsrichtervereinigung Dillenburg mit dem Negativ-Trend konfrontiert. Seit dem 13. Juli 2012 hat die heimische Spielleiter-Zunft aus unterschiedlichen Gründen 38 (!) Unparteiische verloren. Darunter, trotz der engagierten Arbeit des „Erweiterten Lehrstabs“, der sich vor allem um junge Schiris kümmert, auch viele junge Referees. Die Erfahrung von Kreisschiedsrichterobmann Rainer Wendland: „Der Trend ist hessenweit so. Überall fehlen Schiedsrichter zwischen 18 und 35 Jahren.“

Zwar stehen der Schiedsrichtervereinigung Dillenburg aktuell nur noch rund 150 aktive Unparteiische zur Verfügung. „Probleme mit dem Besetzen der Spiele“ dürfte es, so der Ausblick von Dill-Schiri-Chef Wendland, aus seiner Sicht „jedoch nicht geben“. Um der aktuellen Misere entgegenzutreten, hat der Obmann der Spielleiter bereits die kurzfristige Durchführung eines Neulingslehrgangs in den Herbstmonaten dieses Jahres oder auch eine Kooperation mit Schulen angeregt. Die nächste Ausbildungsveranstaltung für Neueinsteiger hierzulande ist bislang für Februar 2014 geplant.

Zeynel Ülker: „Mir macht das sehr viel Spaß!“

Einer der Jung-Schiedsrichter, die der schwarzen Zunft trotz aller Negativtrends bisher erhalten geblieben sind, ist Zeynel Ülker (17). „Ich habe das mal bei ein paar Turnieren gemacht und es hat Spaß gemacht“, berichtet der für den SSC Burg aktive Nachwuchsreferee über seinen Einstieg in die Schiedsrichterei. Im Januar 2012 hatte der 17-Jährige die Prüfung absolviert. Negativerlebnisse bei seinen ersten Einsätzen als Unparteiischer habe es „zum Glück noch nicht“ gegeben. Zeynel Ülker: „Mir macht das sehr viel Spaß. Ich möchte gerne später mal sehr hoch pfeifen.“

Darüber, dass „die Spieler seine Entscheidungen akzeptieren“, freut sich auch Fynn Bernhardt. Der 13-jährige Niederschelder hat den Neulingslehrgang im Januar dieses Jahres absolviert. „Ich habe einen Kumpel in der Klasse – der erzählte davon. Ich fand das klasse und wollte das auch einmal ausprobieren!“, so der Jugendliche über seinen Einstieg in die Schiedsrichterei. Zwar hatte Fynns Bruder „auch mal den Schiedsrichterschein gemacht und nach einem Jahr abgebrochen“. Fynn aber ist bisher von Negativerlebnissen auf dem Sportplatz verschont geblieben. „Ich versuche, auf die Stimmen, die von außen kommen, nicht zu hören“, sagt der 13-Jährige, der an seinem Hobby aktuell „viel Spaß“ hat und „gerne noch im Gespann als Schiedsrichterassistent arbeiten würde“.

Svenja Schmidt will „einmal in der Bundesliga pfeifen“

„Sehr spannend zu pfeifen“ findet es Svenja Schmidt. Die 12-jährige Offenbacherin hat im Winter 2013 durch ihren Vater Udo, der Begegnungen bis zur Kreisoberliga leitet, den Weg zu den Dill-Schiris gefunden. Zuvor war Svenja, die auch aktiv Fußball spielt, mit ihrem „Papa öfter zum Pfeifen gefahren“. Die Jugendliche nach ihren ersten Einsätzen rückblickend: „Bisher habe ich noch keine schlechten Erfahrungen mit Spielern oder Eltern gemacht.“ Als Paten hat die Schiedsrichtervereinigung Dillenburg der Schülerin praktischerweise ihren Vater an die Seite gestellt. Außerdem helfe ihr „der Lehrstab“ des Kreisschiedsrichterausschuss „bei allen Fragen“. Insgesamt hat die 12-Jährige bisher die Erkenntnis gewonnen, dass „die Schiedsrichterei von außen viel einfacher aussieht“ als sie wirklich ist. „Gerade bei Abseits!“ Zu ihren sportlichen Zielen befragt, ist das Höchste gerade gut genug: Sie wolle, so Svenja Schmidt abschließend, „einmal in der Bundesliga pfeifen“.

Durch einen Zeitungsbericht den Weg zu den Schiedsrichtern gefunden hat Jakob Pfeifer (14). „Bis jetzt ist alles ruhig gelaufen“, so der Rückblick des Ewersbachers auf seine ersten Einsätze. „Auch wenn es“, so Jakob weiter, „mal ein paar Zwischenrufe während eines Spiels“ gegeben habe. Angriffe auf seine Person oder Versuche von Störenfrieden, ihn bei seinen Spielleitungen zu beeinflussen, habe es bisher keine gegeben. So beantwortet der für den TV Ewersbach Aktive die Frage, ob ihm die Schiedsrichterei noch Spaß mache, auch mit einem deutlichen „Ja“. Seine sportlichen Ziele? „Ich will später mal als Schiedsrichter hoch pfeifen – vielleicht auch Regionalliga und höher, wenn meine Leistungen gut sind und ich die Möglichkeit dazu habe.“

„Ich hatte schon immer Interesse an der Schiedsrichterei!“

Ein gutes Beispiel dafür, wie schnell es bei einer entsprechenden Unterstützung, Durchhaltevermögen und Engagement als Schiri sportlich voran gehen kann, ist schließlich Dominik Bräunche (14). Der für den TSV Bicken aktive Jung-Schiedsrichter hat im Januar 2012 – nachdem er in der Zeitung auf den entsprechenden Lehrgang aufmerksam geworden war – die Prüfung absolviert und ist einer von drei heimischen Jung-Schiedsrichtern, die auch in der KOL pfeifen dürften.. „Ich hatte schon immer Interesse an der Schiedsrichterei“, berichtet der 14-Jährige. Bei seinen bisherigen Einsätzen „bei Jugendspielen“ seien „die Spieler eher ruhig“ gewesen. „Manchmal kommen Zurufe von außen, u.a. durch Betreuer und Eltern“. Davon – und auch von Senioren, die „schon mal motzen, wenn ihnen eine Entscheidung nicht passt“ – will sich Dominik Bräunche (Foto) auf seinem sportlichen Weg als Schiedsrichter jedoch nicht abbringen lassen. Der zurückhaltende Ausblick des Bickener Jung-Schiris: „Mal sehen, was noch kommt.“

Text: Joachim Spahn

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